LidiceHaus Bremen: Rechte Jungs, rechte Mädchen – ratlose Eltern. | womex.org

LidiceHaus Bremen: Rechte Jungs, rechte Mädchen – ratlose Eltern.

Projekt: Rechte Jungs, rechte Mädchen – ratlose Eltern. Beratung von Angehörigen rechtsextremer Jugendlicher
Träger: LidiceHaus gGmbH Bremen
Laufzeit / Förderung: 2011-2014, Modellprojekt im Rahmen des Bundesprogramms
„TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“ Homepage
Genderspezifik: Deutliche Geschlechterverteilung – Vorwiegend suchen Mütter Beratungen auf, vorwiegend geht es um Söhne

Das LidiceHaus Bremen bietet Beratung für Eltern und Angehörige rechtsextremer Jugendlicher. Seit 2003 bildet es im Rahmen Programms „entimon – gemeinsam gegen Gewalt und Rechtsextremismus“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ansprechpartner_innen für betroffene Eltern und Familien aus. Dieses bestehende Angebot konnte im Rahmen des Modellprojekts von 2011-14 erweitert und vervollständigt werden. So bietet das LidiceHaus neben dem Beratungsangebot für Eltern und Angehörige:

  • Informationen und Infomaterialien für Eltern- und Angehörige
  • Qualifizierung von Berater_innen für Eltern und Angehörige rechtsextremer Jugendlicher
  • Weiterbildungsangebote für Berater_innen
  • Infomaterialien für die Beratungsarbeit im Kontext
  • Beratung für Berater_innen – Fallcoaching
  • Unterstützung beim Aufbau regionaler Beratungsangebote
  • Unterstützung von Gemeinden bei der Institutionalisierung von Beratungsangeboten

Beratung von Eltern und Angehörigen

Ziel der Beratung von Eltern und Angehörigen rechtsextrem orientierter Jugendlicher ist es, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Betroffene werden darin unterstützt, ihre gegenwärtige Situation besser einschätzen und bewältigen zu können. Die Verantwortung für das eigene Handeln liegt dabei zu jedem Zeitpunkt des Beratungsprozesses bei den Betroffenen, niemals bei den Berater_innen. Es gilt nicht, das Problem für die Betroffenen zu lösen, sondern darum die Perspektive auf die Situation verändern zu helfen und die Eltern bei der Entwicklung gelingender Bewältigungsstrategien zu unterstützen.

Zu Beginn der Beratung werden die betroffenen Eltern gestärkt, um die gegenwärtige Situation besser „aushalten“ zu können. Das ist wichtig, weil die Eltern sowohl für den Umgang mit ihrem rechtsextrem orientierten Kind, als auch für die Bewältigung anderer alltäglicher Aufgaben Kraft brauchen. Dabei sollen die Eltern handlungsfähig bleiben oder es wieder werden. Weil es nicht dem Zufall überlassen werden darf, ob Eltern qualifizierte Beratung erhalten, werden im LidiceHaus auch Fachkräfte weiter gebildet und beraten und regionale Anlaufstellen aufgebaut.

Fortbildungen für Fachkräfte

Wenn Eltern und Angehörige nach Hilfe und Unterstützung suchen, weil ihr Kind in rechten Szenen oder rechtsextremistischen Organisationen aktiv ist, dann sind Mitarbeiter_innen von Jugendprojekten, Jugendbehörden, Polizei und Ausstiegsprogrammen oft mit einem ganz neuen Beratungsfeld konfrontiert, auf dessen spezifische und interdisziplinäre Anforderungen sie meist wenig vorbereitet sind:

Einerseits gibt es Beratungsstellen, deren Mitarbeiter_innen über psychologisch versierte Beratungs- und Gesprächsführungskompetenzen verfügen sowie die Bedeutung und Funktion des Beziehungsgeflechts der Familien einschätzen können, allerdings über keine qualifizierten Kenntnisse und Kompetenzen im Bereich Rechtsextremismus verfügen.

Demgegenüber gibt es andererseits (sozialpädagogische) Projekte und Beratungsteams, die Experten im Bereich Rechtsextremismus sind, jedoch keine spezifischen Kompetenzen und Kenntnisse in klientenzentrierter Beratung und Gesprächsführung aufweisen.

Diese Situation war im Frühjahr 2002 der Anlass zur Entwicklung der Zusatzqualifizierung „Rechte Jungs, rechte Mädchen – ratlose Eltern “. Ziel war es, eine Fortbildung zu konzipieren, die sowohl Kenntnisse zum Thema Rechtsextremismus als auch Kompetenzen der Beratung vermitteln kann.

Des Weiteren zeigte sich, dass das „Beziehungsgeflecht Familie“ unbedingt als eigener Fortbildungsschwerpunkt bearbeitet werden muss. Denn nur dann kann in der Beratung von Eltern erkannt werden, inwieweit auch diese selbst einen Anteil am vorliegenden Problems haben. Hier kann dann neben der Beratung „über“ den Sohn im Prozess der Auseinandersetzung auch eine Reflexion des elterlichen und familiären Verhaltens und Denkens erfolgen.

Im Ergebnis entstand eine Fortbildungsstruktur mit drei zentralen Themensträngen:

  • Rechtsextremismus, menschenfeindliche Ideologien und Jugendkulturen – das Spannungsfeld von jugendlichen Subkulturen, Lifestyles einerseits und „rechtsextremer, autoritärer“ Identitätsentwicklung andererseits
  • Beziehungsgeflecht Familie – Eltern-Kind-Beziehungen und ihre Bedeutung für den Einstieg und Ausstieg in extreme Denk- und Verhaltensmuster
  • Grundlagen von Beratung und Gesprächsführung – das Erlernen, Einüben und Weiterentwickeln von Beratungs- und Gesprächsführungskompetenz

Adressaten der Zusatzqualifizierung „Rechte Jungs, rechte Mädchen – ratlose Eltern“ waren sowohl Mitarbeiter_innen von Beratungsstellen, als auch Multiplikator_innen aus dem Bereich der Rechtsextremismusprävention. Trotz intensiver Bemühungen war es letztendlich nicht möglich, Mitarbeiter_innen aus Erziehungsberatungsstellen für die Fortbildung zu gewinnen. Zudem ist es auch bei vielfacher Analyse nicht gelungen, die Gründe für diese ablehnende Haltung in Erfahrung zu bringen.

Kontakt LidiceHaus gGmbH Weg zum Krähenberg 33a | 28201 Bremen | Tel.: (04 21) 69 27 2-0  | Fax: (04 21) 69 27 2-16 | http://www.lidicehaus.de lidice@lidicehaus.de

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